Wann ist die beste Zeit um Sprachen zu lernen?

Diejenigen die es schon probiert haben wissen es: eine Sprache im fortgeschrittenen Alter neu zu erlernen ist ungemein schwer und braucht viel Zeitaufwand. Es ist nichtunmöglich, doch die kindliche Leichtigkeit eine neue Sprache aufzunehmen istselbst in Jugendjahren schon ziemlich verflogen. Bei Gymnasiasten oder Studenten sieht man ein ums andere Jahr schonwie sie schwitzen bei einer Fremdsprache. Später mit 30 oder 40 Jahren wird das ohnesehr großen Zeitaufwandschon fast gar nichts mehr.


Was dieser Beobachtungzu Grunde liegt, sind sogenannte kritische Lernfenster - die ob er nun wollte oder nicht - auf den Österreichischen Nobelpreisträger Konrad Lorenz zurück gehen. Seine Gänseexperimente wurden weltbekannt wodurch sich seine Ideen zur "Prägung" entwickelten. Bei den Gänsen nahm ersich die ersten Stunden nach der Geburt zu Nutze, um die Babies an ihn als Mutterersatz zu binden. So folgten sie ihm überall hin. In der heutigen Zeit sind wir aber schon etwas weiter und können bestimmte wichtige Lernfenster bei der menschlichen Entwicklung beschreiben. Jedes dieser Fenster beschreibt die Lernkurve diverser Fähigkeiten über die Jahre hinweg (siehe Bild).

Der Lernzyklus der Menschen
adaptiert (1) Bardin et al. 2012, Nature

Insbesondere durch die Erforschung der Krankheit Amblyopie (oder auch Schwachsichtigkeit genannt) wissen wir mehr über bestimmte Mechanismen in den wichtigen Prägungsfenstern unserer Entwicklung. Bei Patienten mit Amblyopie hat sich das Nervensystems des Sehsystems unzureichend entwickelt und so kann das Gehirn selbst bei optimaler mechanischer Sehkorrektur die eingehenden Bilder nicht mehr korrekt interpretieren, was zu einer Unschärfe beim Patientenfuhrt. Relativ schnell wurde eine Entwicklungsstörung der inhibitorischen parvalbumin positiven Interneurone als Auslöser gefunden. Diese Zellen, welche in der Cortexregion weitverbreitend sind, sind wichtige Regulator anderer exzitatorischer Netzwerke und Zellen. Normalerweise werden sie  bei den ersten wichtigen Sinneseindrücken (z.B. Sehen) aktiviert - Doch haben sich diese Zellen ersteinmal auf ihre Umgebung eingestellt, und die wichtigen Nervenbahnen und Netzwerke erschlossen und gefestigt, so setzen bald molekularische Bremsen ein, die die Plastizität dieser Zellen sowie deren neue Verbindungen langsam verhindern. Ja, und dann ist es fast schon zu spät - ob nun für neue Sinneseindrücke oder für eine neue Sprache. Aber auch nur fast, denn es besteht Hoffnung - einige Wissenschaftler arbeiten stetig daran diese Prägungsfenster wieder von außen zu öffnen bzw. weiter zu öffnen. Sie spielen damit nicht mit dem Hintergedanken, jedem Menschen neue Sprachen beizubringen - nein, sie versuchen in erster Linie Krankheiten wie die Amblyopie zu bekämpfen. Ebenso ein Einsatz in post-traumatischen Stress Symptomen oder selbst in der Autismusforschung kann denkbar sein.


Doch auch hier sollte man sich vorerst eher mit der Realität abfinden, als sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Denn zum Beispiel, einer der führenden amerik. Wissenschaftler auf dem Gebiet,  Michael Stryker meint, dass es wohl nur eine romantische Vorstellung ist, wichtige Erlebnisperioden einfach auszulöschen oder zu replizieren. Wichtig ist aber eines, die Prägungsfenster stellen eine wichtige lerntechnische Phase unseres Lebens dar. Diese Phase bestmöglich zu nützen ist ungemein wichtig für die Entwicklung eines jeden Kindes. Diesbezüglich ist es unabdingbar, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Erziehungalltag der Eltern, sowie und insbesondere in die Schulen zu bringen. Hier gibt es immensen Aufholbedarf bei der Weiterbildung des Lehrpersonals aber auch bei der Lehrplan Ausarbeitung. Leider werden hier oftmals lang veraltete Prinzipien zur Anwendung gebracht und neueste Erkenntnisse kommen mit einer Jahrzehnte langen Versäumnis in die Schule oder erst gar nicht. Wer jetzt älteren Baujahres ist und meint deswegen seinen Spanischkurs aufgeben möchte weil er meint, dass wird sowieso nichts mehr, der irrt. Selbst wenn es schwerer fällt - die Herausforderung Neues zu erlernen ist eine immens wichtige Schutzfunktion für unsere Gehirn und dessen Leistungsfähigkeit. Die Metapher des Gehirns als Muskel den man stetig trainieren sollte ist nicht so weit hergeholt.


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