Radio Interview über digitale Medien und das Gehirn

Vor kurzem kam ich relativ unerwartet zu meinem ersten Interview mit einem öster. Radio Sender. Im Hauptaugenmerk stand die Frage ob uns Smartphones und andere digitale Medien des heutigen Lebens dumm machen bzw. gar unser Gehirn abschalten? (Mitschnitt gibt es hier) Für mich selbst war es eine interessante Erfahrung und bin zufrieden mit dem Interview. Dennoch bekommt man leider nur zu wenig Zeit um seine Punkte an die Öffentlichkeit zu bringen. Nicht zu vergessen der Schnitt, der ein 12 min. Interview auf einenhalb Minuten kürzt. Demzufolge möchte ich hier genauer und ausführlicher auf die mir gestellten Fragen antworten:

Zugegeben mit der ersten Frage: Wie denn nun ein Smartphone oder das Internet unser Gehirn ausschaltet? - war ich nicht sehr zufrieden; denn in der Frage verbarg sich schon die Feststellung, dass digitale Medien dem Gehirn schaden. Dem ist sicherlich nicht der Fall, zumindestens nicht immer. Hier gilt es auch wie bei vielen anderen Fragen: es gibt keine schwarz-weiß Antworten und daher wäre die richtige Antwort wie so oft "naja, es kommt drauf an". Eine Standardantwort die aber leider meist  in einem Diskurs nicht gut ankommt, da man sich damit in der Diskussion gleich auf die Verliererseite wirft. Nun zurück zum Thema. Es kommt natürlich drauf an, wie man mit digitalen Medien umgeht. Führe ich wie schon in anderen Blogbeiträgen erwähnt "stupide" aka stark wiederholende Tätigkeiten aus, dann ist das logischerweise nicht förderlich für unser Gehirn. Und gerade bei Kinder und Jugendlichen würde man hoffen, dass sie ihre so wichtige Zeit (aus Sicht der Entwicklung und des Gehirns) bestmöglich nutzen. Die meisten Personen würden nun Spiele als reine Zeitverschwendung ansehen, dem ist aber nicht so. Es gibt einige neue Studien die Computerspiele einiges positive zusprechen - von erhöhter kognitiver Wahrnehmung bis hin zu schnellerer Reaktionszeit. Das macht auch Sinn, viele Computerspieler müssen viele Reize schnell und richtig wahrnehmen um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ebenso wurde bewiesen, dass gewisse Spiele das Planungsdenken und den richtigen Umgang mit Ressourcen (z.b. Geld) fördern. Aber natürlich nicht alle Spiele sind gleich. Es gibt genügend schwarze Schafe.

Das bringt mich auch gleich zur zweiten Frage des Interviews - Was ist mit den Kindern? Wie gefährdet sind sie und wie sollten sie mit digitale Medien umgehen? In der heutigen Gesellschaft führt kein Weg an digitalen Medien vorbei. Und umso früher der richtige und adequate Umgang mit ihnen trainiert wird umso besser. Unsere erwachsenen Gehirne sind noch immer sehr anpassungsfähig und lernfähig aber den Verglich mit Kindern und Jugendlichen können wir stand halten. Gefahren gibt es natürlich für die Entwicklung des Gehirns. Diese  sehe ich aber weniger in der kognitiven Entwicklung vielmehr in der psychologischen Entwicklung des Kindes. Durch die Vernetzung der Jugend sind sie einem größeren Druck ausgesetzt, der Vergleich innerhalb der Gruppe ist erhöht und kann daher erhöhte Gefahren beherbergen. Hier gilt es als Elternteil einen guten Draht zu den Kindern zu haben und Probleme gleich am Start zu erkennen und zu beheben. Sollten z.b. soziale Probleme (Stichwort Cyberbullying) langfristig bestehen kann dies und wird zu erhöhtem emotionalen Stress führen, der nicht nur die soziale Entwicklung des Kindes beeinträchtigt sondern auch seine Auswirkung auf kognitive Fähigkeiten haben wird. Aber leider gibt es auch tragische Extremfälle wie der Fall von Amanda Todd (siehe BBC link).

Die dritte und letzte Frage beschäftigte sich damit, was denn nun früher anders war oder vielleicht sogar besser? Kurzum ist das auffallendste sicher, dass wir heutzutage viel mehr Reizen ausgesetzt sind (u.a. eben auch durch die digitalen Medien) das erleichtert uns manchmal die Arbeit aber oftmals erschwert es uns das Leben. Oft fällt es uns schwer unwichtige Dinge auszublenden und uns auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Das Gehirn wendet dementsprechend einen ungemeinen Aufwand an Energie auf um eben sich auf die wichtigen Dinge zu fokussieren und bestmöglich zu verarbeiten. Hier spielt insbesondere der Präfrontale Cortex und seine Interaktion mit anderen Regionen wie dem Hippocampus eine sehr wichtige Rolle. Umso mehr Störgeräusche, umso schwerer ist es die Konzentration zu halten bzw. wichtige Aspekte herauszufiltern und gegebenenfalls ins Gedächtnis zu transferieren.  Hier gilt es wie auch im Interview erwähnt - konzentriert euch auf eine Sache. Multitasking ist ein veraltetes Modell. Wir sehen ebenso, dass unser Sensor-motorischer Cortex über die Jahrzehnte hinweg größer geworden ist. Dieses Areal, wichtig für das schnelle und richtige handeln basierend auf einströmende Reize, ist ein Indiz, dass unser Gehirn gelernt hat mit mehr Reizen umgehen zu können. Ebenso ist an dieser Stelle der Flynn Effekt zu nennen. Dieses nach seinem Entdecker benannte Phänomen beschreibt, dass der IQ der Menschheit fast linear stetig steigt. Ein weiteres Hinweis wie sich unser Gehirn stetig weiterentwickelt und sich an äußere Faktoren wie digitale Medien anpasst.

Ob jung und alt, das Gehirn soll und gehört gefördert. Auf intellektuelle Weise aber auch durch erhöhte Bewegung tut man seinem Gehirn etwas gutes. Im Idealfall sollte man sich stetig neue Herausforderungen suchen - ein neues Hobby, eine neue Sprache oder man lernt ein neues Musikinstrument. Digitale Medien können hier ein wichtiger Bestandteil sein oder selbst die Herausforderung. Wichtig ist wie man sie einsetzt, man kann mit oder ohne sie verstumpfen.


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