Die 10% Lüge


Erst gestern hab ich Al Murrays (Anm. Britischer Comedian) Witze gelauscht als er im neuen Programm meinte, dass wir nur 10% unseres Gehirns nutzen würden. Dies wurde noch mit einem „Fact“ abgerundet – so macht man das heute um jemanden zu überzeugen. Das brachte mich auf die Idee diesen Mythos genauer zu untersuchen. Denn wer glaubt, dass dies eine einmalige Meinung ist, der täuscht sich – man braucht nur googeln oder auch nur einen der letzten Hollywood Blockbuster wie „Limitless“ (Ohne Limit) anzusehen. Hier wird netterweise von 20% geredet und eine neue Wunderdroge würde die Gehirnkapazitäten dann vervielfachen.
Was steckt nun dahinter? – Kurzum gar nichts!

Woher dieser Mythos kommt ist umstritten. Manche meinen, Einstein wurde falsch zitiert und so entstand der Mythos, das erscheint eher unwahrscheinlich, da sich bis heute keine verlässliche Quelle dazu finden konnte. Wohl eher geht es auf sehr frühe neurophysiologische Experimente des frühen vorherigen Jahrhunderts zurück, die die komplexen Strukturen des Gehirns teilweise missinterpretierten (ein Kandidat wäre hier der Amerikaner William James). Die Zahlenspiele ergeben sich aber lediglich aus Missreferenzierungen der Medien die gut dazu beigetragen haben, dass sich dieser Mythos noch immer hält. Wer aber ganz besonders Interesse an der Verbreitung dieser Lüge hat, ist das Kollektiv der New-Age Generation und alle selbst ernannten Gurus die daraus bare Kohle machen.

Nun schlussendlich stellt sich fairerweise aber schon die Frage wieviel nutzen wir denn wirklich? Die Antwort darauf ist einfach, im Grunde alles, aber nur nicht alles zur selben Zeit, dass ergäbe weder einen Sinn noch wäre es effektiv. Ein anschaulicher Vergleich – wenn jeder Wiener mit dem Auto in Wien unterwegs wäre, würde sich nicht viel bewegen auf den Straßen. Rein evolutionstechnisch wäre es absolut sinnlos ein Gehirn zu entwickeln das wir kaum benutzen aber immerhin 20% unserer Ressourcen auffrisst (das Gehirn macht im Durchschnitt nicht mehr als 2% unseres Körpergewichts aus).

Auch meine Arbeit kann hierfür ein gutes Argument liefern. Hier zeichne ich neuronale Signale direkt im Gehirn auf – würden nur 10% aktiv sein, dann wäre das eine sehr unangenehme Arbeit. Natürlich ist das nicht der Fall, im Grunde sind alle Neuronen aktiv, nur kommt es oftmals auf die Umgebung oder die Situation an ob eine Zelle oder ein Netzwerk gerade aktiv ist oder nicht. Hinzuzufügen wäre auch, dass eine Nichtaktivierung einer neuronalen Zelle eine sehr wichtige Funktion bzw. Informationsquelle ist. Die Effektivität unserer Gehirnleistung steigern wir vorwiegend durch verbesserte Vernetzung. Nicht umsonst ist eine der oberste Maxime des Lernens – Lerne durch Assoziierungen. Leider würde man aber meinen, wenn man in die Klassenzimmer schaut, dass sich das bis heute noch gar nicht so herum gesprochen hat.



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